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Die Goldene Frage? Ist der Petrodollar als Nächstes dran?

von Matthew Piepenburg

Partner

2022 hatten wir permanent davor gewarnt, dass die zu schnellen und zu hohen Leitzinserhöhungen der US-Notenbank nur solange „funktionieren“ würden, bis die Dinge anfangen auseinanderzubrechen. Und ja, die Dinge beginnen deutlich auseinanderzubrechen, auch beim Petrodollar.

Schon bevor US-Regionalbanken Schlagzeilen machten, war die Welt voller „Kreditereignis-Stressoren“, die wie Dominosteine kippten – von der 2019er Repokrise über die 2020er-Anleihemarktabwärtsspiralen bis hin zur Implosion des britischen Staatsanleihemarkts (gilts).

Dann kamen 2023 SVB et al. und natürlich auch die Katastrophe bei der Credit Suisse, vor der wir früh gewarnt hatten…

Ebenfalls gewarnt hatten wir – und das buchstäblich seit Tag 1 der Sanktionen gegen Putin, dass selbst der ach-so-kritische Petrodollar ein Dominostein ist, der kippen werde. Und genau dieses Kippen beobachten wir jetzt.

Diese Petrodollar-Dynamiken setzen, wie wir unten zeigen werden, US-Staatsanleihen und den US-Dollar unter Druck und generieren klar Rückenwind für Gold.

Bevor wir uns diesen historischen Kipppunkt genauer anschauen, sollten wir unbedingt noch einen forensischen Blick darauf werfen, warum all diese Dinge gerade auseinanderbrechen…

Der Anleihemarkt, ganz klar…

Wir können es nicht oft genug wiederholen: Der Anleihemarkt ist DAS Ding.

Vor diesem Hintergrund sind die Vorboten generationeller und globaler Verschiebungen in den Bereichen Welthandel, Abrechnungswährungen und politische Instabilitäten direkt verbunden mit dem ruinösen Zustand von Staatskreditsystemen, die unter dem Druck künstlicher Zinserhöhungen ins Wanken geraten sind.

Weniger Kredit, Weniger Wachstum, Mehr Volatilität

In Folge der jüngsten Bankenpleiten und der inzwischen sorgfältig abgedämpften Schlagzeilen verknappt sich hinter den Kulissen das Kreditangebot, und das ist ein schlechtes Zeichen.

In einem ungemein volatilen Kreditmarktumfeld, wo kurzlaufende US-Staatsanleihen eher an Krypto-Coins erinnerten als an „risikofrei rentierende“ Staatsanleihen, emittierten selbst einige der als sehr sicher geltenden US-Unternehmen mit „Investment-Grade-Status“ keine Unternehmensanleihen mehr.

Die nervösen Kursverläufe, die jüngst bei der 2-jährigen US-Staatsanleihe und am Futures-Markt zu beobachten waren, übertrafen die Volatilitätsniveaus von 1987, 9-11, ja selbst die der Großen Finanzkrise von 2008. Ich möchte aber wetten, dass solche Details nicht in den Schlagzeilen der detailverliebten Finanzmedien auftauchen…

Wie das WSJ aber kürzlich anmerkte, bewegten sich die Anleiheemissionen auch der höchstbewerteten Unternehmen im Monat März bei nur knapp 60 Mrd. $, was deutlich unter dem 5-Jahre-Durchschnitt von 180 Mrd. $ für denselben Monat liegt.

Und was die schrottigeren Unternehmen mit ihren schrottigeren Anleihen angeht – ihr Glück, und damit auch die Nachfrage nach ihren Schuldtiteln, ist voll und ganz verfolgen.

Im März konnten Zombie/Junk-Kreditnehmer aus den USA [die von der „Hoffnung auf Billigkredit“ und von verzweifelten Renditejägern/-investoren (Deppen) leben] nur Anleihen im Wert von 5 Mrd. $ unterbringen. Der 5-Jahre-Durchschnitt für denselben Monat lag im Vergleich dazu bei 24 Mrd. $.

Hmmm.

Uh-oh?

Einfach ausgedrückt, bedeutet das: Billiger und leicht verfügbarer Kredit – also der spaßige aber auch toxische Wind unter den ansonsten kaputten Tragflächen der sogenannten „Erholung“ (Blase) nach 2008 – geht zu Ende/ reißt ab. Und das bedeutet auch: Die Hoffnung auf irgendein Restwachstum innerhalb der US-Wirtschaft kann jetzt explizit als Scherz betrachtet werden.

In den kommenden Monaten werden die Kleinbanken, eine nach der anderen, wie Trauben vom Rebstock purzeln, weil die Einleger zu den größeren Banken und Geldmärkten weiterziehen. Und das heißt, dass Kredit und Hoffnung für US-Kleinunternehmen schwerer zu finden sein werden als eine ehrliche Stimme im US-Kongress.

Es dürfte klar sein, dass keines dieser Signale ein gutes Omen für Otto-Normal-Verbraucher im Besonderen und für Wirtschaftswachstum im Allgemeinen ist.

Der generationelle Überraschungsschlag der US-Notenbank

Zwar mag die Federal Reserve den obersten 10 % der USA 90 % des Blasenvermögens beschert haben, das aus der Zinsrepression nach 2008 generiert wurde,…

…doch jetzt hat dieselbe zentralisierte (und Zinsen erhöhende) Bank auch jenen 50 % der vergessenen Kleinunternehmenseigentümer und Otto-Normal-Verbraucher den Überraschungsschlag der Generation verpasst.

Die Rezession, in der wir uns wahrscheinlich schon befinden, wird sich nichtsdestotrotz (und bald schon) deutlicher, unwiderlegbarer und – in einem insgesamt inflationären Klima – in ihrer, ja, disinflationären Form zeigen.

Auf kurze Sicht wird die konjunkturelle Abkühlung und die Kreditverknappung darüber hinaus dem USD Auftrieb verschaffen.

Allerdings werden diese disinflationären Strömungen und steigenden Dollarnotierungen meines Erachtens nach nicht lange anhalten.

Warum?

Hier kommen sechs simple Gründe…

Warum disinflationäre Kräfte und Dollarstärke nur „vorübergehend“ sind.

Selbstverständlich benutze ich Wörter wie „vorübergehend“ höchst ungern…hier kommen aber 6 Gründe, warum ein starker USD und die anstehenden disinflationären Kräfte wahrscheinlich nicht von langer Dauer sein werden.

Wenn…

1) Uncle Sam Zwillingsdefizite einfährt, während…

2) in den USA Jahresend-Defizitschulden von 33 + Bill. $ aber auch …

3) sinkende Steuereinnahmen drohen (minus 10 % im Vorjahresvergleich), und…

4) die realen Zinslasten für laufende US-Staatsschulden 118 % der Steuereinnahmen ausmachen – und das vor dem Hintergrund von…

5) sich deutlich abzeichnender Kreditverknappung – und mit Blick auf…

6) eine Welt, die sich unabhängiger vom US-Dollar macht und nicht mehr, sondern weniger Interesse an amerikanischen Schuldtiteln/ USTs zeigt…

… dann werden die USA an jenen Scheideweg geraten, wo sie Geld schöpfen müssen, um weiter überleben zu können.

Kurzum: Eine Kehrtwende wird kommen

Warum?

Vor die Wahl gestellt zwischen implodierenden Kreditmärkten oder einer sterbenden Währung, werden die Zentralplaner den Dollar opfern, nicht den Markt (die Märkte). Deswegen.

Wir hatten häufig gewarnt: In einem ruinierten Finanzsystem ist die Währung immer die letzte Blase, die platzt.

Und das, liebe Leute, wird genau dann geschehen, wenn die inflationären Kräfte aus magischen Mausklickbillionen die disinflationären Kräfte einer ruinierten Wirtschaft und eines zunehmend kreditlosen Bankensystems (siehe oben) übertreffen. Und all das haben wir jedem einzelnen der Zentralbanker zu verdanken, die seit der Amtszeit von Patient-Null, Alan Greenspan, die Chefposten im Fed-Hauptquartier besetzt haben.

Alle Straßen führen zum Gold…

All das führt uns natürlich zum meinem Lieblingsthema und -vermögenswert: Physisches Gold.

Selbstverständlich haben mein Kollege, Egon von Greyerz, und ich immer jede Menge über dieses sogenannte „barbarische Relikt“ zu sagen.

Und selbstverständlich wird diese Überzeugung nicht selten als der ewig alte Goldbug-Konter aus der Retorte abgetan; doch wer sich mit Mathematik und Geldgeschichte im Allgemeinen oder aber ruinösen Kreditzyklen im Besonderen auskennt, der dürfte schon ein wenig mehr sein als bloß ein „Goldbug“…

Und was den unausweichlichen Goldkurs angeht, so wissen wir, dass Gold Richtung Norden tendiert, was unstrittig daran liegt, dass die Währungen seit dem Ausstieg Nixons aus dem Bretton-Woods-Goldstandard auf einem stabilen Südkurs liegen.

Es ist wirklich nicht komplizierter.

Der OPEC-Faktor…Wenn sich Geschichte reimt und Gold scheint

Werfen wir jetzt, ungeachtet aller konsequenten und vernünftigen Argumente, die wir vorgebracht haben, noch einen Blick auf die jüngsten Verschiebungen im Bereich des Petrodollars.

Hier haben Chris Rutherglen und Luke Gromen außergewöhnlich gute Arbeit geleistet, um uns die Geschichte und die entscheidende Bedeutung der Gold-, Öl- und Kreditmärkte zu vergegenwärtigen.

Wenn sich Geschichte reimt

Wie ich an anderer Stelle aufgezeigt habe, mag sich Geschichte (um es mit Mark Twain zu sagen) vielleicht nicht einfach wiederholen, doch sie reimt sich sehr wohl.

Und im Kontext der sich stets wandelnden Petrodollar-Politik haben Rutherglen und Gromen die dichterischen Reimmuster aufgezeigt, die auch wir, in aller Bescheidenheit, vor über einem Jahr vorhergesehen hatten.

Buchstäblich seit dem 1. Tag der westlichen Sanktionen gegen Putin hatten wir vor deren desaströsen Folgewirkungen für den Westen im Allgemeinen und für den USD im Besonderen gewarnt.

Und nirgends war diese US-Dollar-Prognose zutreffender als mit Blick auf den Petrodollar (also mit Blick auf jene gute alte Zeit, als noch fast jedes Ölgeschäft an den USD gebunden war).

Allerdings, so legen Gromen und Rutherglen nah, war diese USD-Bindung auch in den 1970ern keine Selbstverständlichkeit. Und in den kommenden Jahren, so die Autoren, werde sie immer weniger selbstverständlich.

Und das, liebe Leute, wird in den kommenden Jahren massive Auswirkungen auf Gold haben.

Wie das denn?

Schauen wir uns das genauer an.

Gold und Öl – Bereit zu Kopplung?

Noch immer in den Windeln, als Nixon das Goldfenster 71 schloss, und noch immer die Samstagmorgentrickfilme schauend, als Gold damals 1975 von 175 $ losschoss, um knapp fünf Jahre später bei 800 $/ Unze zu landen…

…, bin ich heute zumindest alt genug, um mir ein paar Geschichtslektionen und -muster anzueignen, die nahelegen, dass Gold womöglich auch morgen wieder zu ähnlichen und steigenden Bewertungen unterwegs ist.

Gold, so erinnern Gromen und Rutherglen, schoss in späten 1970ern auch deshalb in die Höhe, weil es noch nicht ausgemachte Sache war, dass es eine Öl-USD-Bindung geben werde.

In jener vergangenen Ära der Disko, ABBA, der breiten Schlipse und karierten Anzüge, hatten weder die OPEC noch Europa etwas gegen die Idee, Öltransaktionen in Gold zu begleichen anstatt in USD.

Und das lag daran, dass eben jene US Treasury-Anleihen in den 1970ern (dank Nixons Ausstieg/ Wortbruch) nicht in bester Verfassung…beliebt, vertrauenswürdig oder wertgeschätzt waren.

[Merken Sie, worauf ich damit hinaus will (reime)?]

Glücklicherweise gelang es Paul Volcker, die Ölnationen dazu zu bewegen, Uncle Sams Fiat-Geld wieder Vertrauen zu schenken, indem er die Zinssätze in die Höhe schraubte (und ich meine richtig hoch), um den Glauben an den USD wiederherzustellen, so dass sich auch die OPEC mit Ölverkäufen in Dollar statt Gold anfreunden konnte.

Volcker erhöhte den Leitzins bis auf 15 % und sorgte so dafür, dass der Realzins der so wichtigen 10-jährigen US-Staatsanleihe 8 % erreichte.

Strenge Geldpolitik wurde somit zu einem „game changer“, der den Petrodollar etablierte und den USD für die kommende Generation zum Weltreserve-Energie-Asset (und Bully) machte.

Powell ist kein Volcker

Wegen des peinlichen Kneipendeckels von Uncle Sam (d.h. US-Verschuldungsniveau) ist diese Zeit leider vorbei; USD und UST sind in Ungnade gefallen, weshalb sie nach und nach aus dem Radarfeld der OPEC fallen.

Verantwortlich dafür ist u.a. auch Powells Krieg gegen die Inflation, der so offensichtlich Ergebnis einer aussichtslosen Lage war und der, neben so vielen anderen desaströsen Fehlschlägen, einen langsamen und stetigen Prozess der Dedollarisierung auf den Weg brachte und das Vertrauen in den ach-so-wichtigen globalen Schuldschein, aus bekannt als UST, weiter beschädigte.

Die Ölstaaten sind nicht blöd

Die OPEC-Leute wissen, dass Uncle Sams Schuldscheine nicht mehr das sind, was sie einmal waren.
Anders als Volcker ist Powell aber nicht mehr in der Lage, die 10-jährige US-Staatsanleihe auf einen realen (also inflationsbereinigten) Zins von 8 % zu bringen.

Selbst sein angeblich „strenger“ Nominalzins von 5 % hat die Kreditmärkte, Staatsanleihen und fast alles andere, das im Weg stand, niedergewalzt.

Und selbst wenn Powell im Traum daran dachte, die Leitzinsen à la Volcker auf 15 % hochzuschrauben, um die OPEC zu verführen, so würde er damit buchstäblich die gesamte US-Wirtschaft wegpusten, weil eine zweistellige Leitzinserhöhung auf einen 31 Billionen $ großen öffentlichen Schuldenberg träfe.

Kurz: Volckers Optionen in den 70ern und Powells heutige Schuldenrealität lassen sich einfach nicht vergleichen.

Das heißt auch: Die Fed kann heute nicht die notwendigen Schritte gehen, um die OPEC von der Suche nach einem primären Asset für die Abwicklung der eigenen Energietransaktionen abzuhalten, das jenseits von USD oder UST liegt und folglich in den Goldmärkten gefunden werden kann.

Die Tage des mächtigen Petrodollars gehen, und davor hatte ich (in zwei Sprachen) vor über einem Jahr hier, hier und hier gewarnt, langsam aber stetig vorbei.

Denken Sie kurz darüber nach.

Oder besser noch: Schauen Sie sich das kurz an – mit erneutem Dank an Gromen und Rutherglen.

Was zum Nachdenken

Um es auf simple Zahlen herunterzubrechen: Wenn sich 2020 auf die 1970er reimt, was eindeutig plausibel ist, und Gold zu einem primären (oder selbst sekundären) Verrechnungs-Asset im Energiemarkt wird, so würde allein das reichen, um Gold bis 2027 oder 2028 in den Bereich von fast 9.000 $ pro Unze zu rücken.

Auch das regt zum Nachdenken an, nicht?

In der Zwischenzeit würde ich um nichts in der Welt mit Powell tauschen wollen.

Es bleibt abzuwarten, ob er versuchen wird, den Petrodollar zu retten, indem er die US-Wirtschaft zerstört oder, wer weiß das schon, etwas viel Schlimmeres anrichtet…

Vielleicht werden uns seine Neocon-Nachbarn in Washington DC durch noch mehr Kriegsspiele ablenken?

Wir können nur abwarten und zuschauen, wie den USA die guten Optionen ausgehen, bis es nur noch schlechte (und verzweifelte) gibt. Ein Muster, das Hemingway, diesmal nicht Twain, klar auf den Punkt brachte, so dass man es an dieser Stelle wiederholen sollte:

„Das erste Allheilmittel schlecht verwalteter Nationen ist Währungsinflation. Das zweite ist Krieg. Beide bringen vorläufig Wohlstand; beide bringen dauerhaft Ruin. Aber beide sind Zufluchtsort für politische wie ökonomische Opportunisten.“ / Ernest Hemingway

Haben Sie schon Gold?

About Matthew Piepenburg
Matthew Piepenburg begann seine Finanzkarriere als Wirtschaftsjurist. Während der NASDQ-Bubble (1999 – 2001) gründete er seinen ersten Hedgefonds. Im Anschluss daran richtete er seinen eigenen sowie andere HNW-Family-Funds auf alternative Investments aus. Zeitgleich agierte er als allgemeiner Berater, CIO und später Geschäftsführer einer Single- und Multi-Family-Office. Matthew arbeitete zudem eng... Mehr…

Matthew Piepenburg
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