Skip to content

Was der US-Notenbankchef Ihnen nicht sagt: Er will Inflation haben, nicht bekämpfen.

von Matthew Piepenburg

Partner

In zahlreichen Artikeln und Interviews hatten wir wiederholt festgestellt: Die globalen Zentralbanken im Allgemeinen und die Federal Reserve unter Jerome Powell im Besonderen stecken in der Falle – und mit ihnen die globalen Märkte und die Weltwirtschaft. Aus dieser Falle führt kein Weg hinaus, außer die Fed reißt sich beide Beine aus, die in den letzten Jahren ziemlich kurz geworden sind.

Oder in den Worten von El-Erian, der es bestens auf den Punkt brachte: „Die Fed steht ohne gute Szenarien da.“

Diesen Punkt kann man nicht oft genug wiederholen.

Aufrichtigkeit (und Schulden) zählen

Da die globale Verschuldung bei 300 Bill. $ liegt und die US-Gesamtverschuldung (Unternehmen, Privathaushalte und öffentliche Hand) bei deutlich über 90 Bill. $, kann man die „gesichtswahrenden“ Zinserhöhungsbestrebungen der US-Notenbank (selbst wenn unhaltbare Stände von angenommen 4-5 % angepeilt sind) nur als eine von Anfang an gescheiterte Strategie im Kampf gegen eine offizielle (d.h. unterschätzte) Verbraucherpreisinflation von 9 % bezeichnen.

Im besten Fall ist das wahnhaft, im schlimmsten Fall aber, und das ist wahrscheinlicher, einfach unehrlich. Punkt.

Einfach formuliert: Historisch überschuldete Märkte, Wirtschaften und Staaten, die seit Jahren von künstlich günstig gehaltenem Gratisgeld abhängig sind, können sich nicht plötzlich bedeutende Zinserhöhungen (also teures Geld) leisten, ohne dass eine Kette von Kreditausfällen – von Investment Grade bis Staatsanleihe – die Folge wäre.

Fakten verweisen auf die Zukunft

Zu diesem Zweck haben wir Jahre auf Faktenchecks und Schwachsinnsaufdeckung verwendet und in aller Ruhe einen langen Schwall klarer Manipulationen, Lügen und Fehler offengelegt, die unter der Bezeichnung Politik firmieren und sich aus den Mündern und Strategien von Gestalten wie Greenspan, Bernanke, Yellen und Powell ergießen.

Trotz der hartnäckigen Ehrlichkeit solcher Fakten und der Unehrlichkeit unserer Banker, klammern sich viele Investoren aus zwanghafter Sorge, zu kurz zu kommen (Fear Of Missing Out, FOMO), an eine kognitive Dissonanz. Sie glauben an Zentralbanken, die die Märkte und Währungen mit ewig sicherer Hand führen und auch diesmal Rückdeckendeckung geben werden.

Mit der Lüge über die „vorübergehende Inflation“ haben diese verlorenen Hirten die eigene Glaubwürdigkeit verspielt und das Vertrauen ihrer Schafe gebrochen, und genau jetzt ist die Finanzwelt mit der ersten Phase eines globalen „Auweia!-Moments“ konfrontiert (d.h. geopolitische Risiken, fallende Märkte, entwertende Währungen, versagende Führungen und wachsende soziale Unruhen), vor deren Unausweichlichkeit wir in zwei Buchveröffentlichungen und zahllosen Artikel gewarnt hatten.

Die meisten, die diesen Artikel lesen, gehören natürlich nicht zu den Schafen und auch nicht zu den Überraschten. Doch selbst Sie und Wir sind letztlich immer wieder erstaunt über diese andauernde Überheblichkeit, Ignoranz und unehrliche Verzweiflung unserer sogenannten Finanzführungsriege.

Schauen wir uns an, warum.

Allem Anschein nach hat Powell Angst davor, als nächster Arthur Burns in die Geschichte einzugehen.

Offenbar hat er eine pathologische Angst mit Blick auf sein persönliches Vermächtnis entwickelt, die wohl stärker wirkt als etwaige Befürchtungen bezüglich der eigenen fatalen Hinterlassenschaften und die seiner Vorgänger – sprich: eine inflationskranke Nation als Ergebnis aufgeblähter Notenbankbilanzen; 800 Milliarden $ vor 2008 vs. 9 Billionen $ heute.

Allen unübersehbaren und direkt inflationären Konsequenzen solcher Bilanzausweitungen zum Trotz will man sich in den Washingtoner Amtssitzen (von Biden bis Powell) die eigenen renommierten Hintern retten und die Folgen jahrzehntelanger offen inflationärer Geldpolitik auf ein Virus oder einen bösen Mann aus Russland schieben.

So viel zum Thema „Zivilcourage“ (J.F. Kennedy).

Selbst jetzt denkt Powell noch, er könne als zweiter Paul Volcker glänzen, wenn er im Kampf gegen die selbst mitverschuldete Inflation die Zinsen erhöht.

Mann, oh Mann, oh Mann, haufenweise Ironie des Schicksals.

Leute, Powell ist kein Volcker.

Eine Lektion für Powell: Schulden zählen!

Herr Powell, falls Du das liest, möchten wir Dich an Folgendes erinnern: Zum Zeitpunkt als Paul Volcker die Zinsen erhöhte, lag die US-Staatsverschuldung unter 900 Mrd. $ und nicht bei den heutigen 30 BILLIONEN $, die von der Greenspan-Generation (d.h. auch DU zählst dazu) direkt erzeugt wurden.

Auch möchten wir Dich daran erinnern, dass die US-Staatsschuldenquote (Staatsschulden:BIP) der „Volcker-Ära“ zwischen 1979 und 1981 bei 31 % lag und die US-Defizitquote (öffentliche Defizite: BIP) bei nur 2 %.

HEUTE steht unsere Staatsschuldenquote bei über 125 % und unsere Defizitquote nähert sich der 7 %-Marke an.

Mathe, Fakten und Schulden sind hartnäckige Dinge, nicht?

Das, lieber Jerome Powell, erklärt auch, warum Volcker damals in der Lage war, die Fed Funds Rate (FFR, US-Leitzins) im Kampf gegen die Inflation um mehr als 1.000 Basispunkte zu erhöhen. Es erklärt auch, warum im Kampf gegen die Inflation selbst eine lächerliche 300-Basispunkte-Zinserhöhung in Deiner Amtszeit bis 2024 so ineffektiv sein wird wie ein US-Boot mit Fliegengittertüren.

Übrigens, selbst ein bescheidener Leitzins von 3 %, den Du in aller „Strenge“ jetzt vorschlägst, wäre nichtsdestotrotz der niedrigste, den es während der letzten 67 Jahre zu 98 % der Zeit gegeben hat.

Kurz: Falls Du allen Ernstes behauptest, die Inflation mit einer erbärmlich kleinen Zinserhöhung wie dieser bekämpfen zu wollen (denn 300 Basispunkte sind wohl das Maximum, was sich die vor Schuldenbrandstoff strotzenden USA dank Yellen, Bernanke und Greenspan noch leisten können), dann bist Du jemand, der mit dem Messer zur Schießerei anrückt (d.h. jemand, der verlieren wird).

Darüber hinaus werden Deine vorgeschlagenen Zinserhöhungen (zu wenig, zu spät) dafür sorgen, dass die Kosten des peinlichen US-Kneipendeckels von Uncle Sam von 7 % unseres stets schwindenden BIPs auf über 11 % steigen werden.

Kurz: Herr Powell, Dein Traum vom Glanz der Volcker-Jahre, oder selbst Volckers Effektivität, ist nichts weiter als das: ein Traum.

Traum wird Alptraum

Für den Rest von uns ist der Alptraum, den Du lostrittst und die „Lösung“, die Du vorschlägst, zum Scheitern manipuliert (verdammt).

Deine Leitzinserhöhungen werden Schuldenqualen entfachen, die Jahre anhalten werden, denn die durchschnittliche Laufzeit von US-Staatsschulden liegt bei über 4 Jahren.

Selbst diese mageren Zinserhöhungen werden und haben schon für Folgendes gesorgt: gestörte Finanzmärkte, abgewürgtes BIP-Wachstum, steigende Ausgaben für Sozialleistungen, sinkende US-Steuereinnahmen – für Mai 16 % im Jahresvergleich und für Juni wahrscheinlich 30 %.

Autsch.

Herr Powell, hattest Du, als Du in der Schule mit Matheformeln gekämpft hast, jemals daran gedacht, Hume oder von Mises zu lesen?

Das hätte Dir gezeigt (in Zahlen und nicht harten Worten), dass BIP-Wachstum mathematisch unmöglich ist, sobald die Staatsschuldenquoten über 100 % liegen.

Oder frag einfach Kuroda, da man Abe schon nicht mehr fragen kann.

Obgleich Du niemals der nächste Volcker sein wirst, so könnte Dich vielleicht die Biographie von Benjamin Strong interessieren, dem ersten Fed-Chef, der eine Depression auslöste, weil er nicht zuließ, dass sich die Inflation überhitzte, wie es die damals geltenden Regeln forderten (also als der USD noch an Gold gebunden war)…

Powells wahrer Plan? Lass die Inflation ordentlich krachen!

Doch vielleicht ist Strongs Fehler, dass er die Inflation nicht heiß genug laufen ließ, um US-Schulden „weginflationieren“, vielleicht gar nicht Dein Fehler. Sondern tief im Inneren Dein wahrer Plan?

Kurzum: Ich vermute, dass steigende – und nicht sinkende – Inflation Deine einzige echte Option und Dein einziger, echter Plan ist, trotz gegenteiliger Schlagzeilen (und Zinserhöhungen).

Ich vermute, dass Du die Zinssätze gerade nur deshalb anhebst, damit Du überhaupt noch irgendetwas zu kürzen hast, wenn die Märkte wegbrechen – und wir beide wissen, dass sie noch viel weiter fallen werden… es sei denn…es sei denn…

…es sei denn, Du wartest, bis es die Märkte zerreißt, um dann mit Kaffee und Donut in der Hand in jene dunkle Ecke im Eccles Building zu spazieren, wo die leuchtenden Bildschirme stehen, und wo Du dann anfängst, magische 0en an Deine Bilanzsumme anzuhängen (d.h. mehr Falschgeld herbeizuklicken), was, wie wir beide wissen, INFLATIONÄR ist.

Sicher, Deine alte Kumpelin Yellen (die von der privaten Federal Reserve nur ein paar Blocks weiter ins US-Finanzministerium schlitterte) hatte ja schon versucht, den USD (und DXY auf 110+) zu pushen, um Putins Inflation zu bekämpfen. Doch auch das war wieder ein gezücktes Messer in einem Schusswaffenkampf…

Yellen hatte geglaubt, sie könne es mit einer 2.0-Auflage der Reagan-Ära schaffen, indem sie ausländisches Kapital in einen stärkeren Markt lockt.

Doch wie wir oben herausgefunden haben, sind die US-Schuldenstände (dank Dir und Janet) nicht mehr dieselben wie noch in den 1980ern oder sogar noch 2014. Und Yellens „USD-Stärke-Plan“ wurde für die Märkte nicht zum Schwanengesang, sondern eher zum Desaster. Davor hatten wir gewarnt und das folgende Diagramm von Tree Rings macht das überdeutlich:

Dieser Plan des „starken USD“ ruinierte so gut wie jede Anlageklasse, außer den USD, und sorgte nur dafür, dass ein paar ausländische Gelackmaierte in einen fallenden US-Markt gelockt wurden.

So, Herr Powell, Du sitzt in der Schuldenfalle, die Du dir selbst (mit Janet, Ben und Alan) gestellt hast, und ich spreche jetzt aus, was du nicht sagen wirst: Du willst mehr und nicht weniger Inflation, um Uncle Sam zu entschulden. Und zwar so, wie es jedes bankrotte Regime von Rom über Paris, Tokyo und Ankara bis hin zu Washington DC bislang immer gemacht hat und auch wieder tun wird. Indem man die eigenen Schulden weginflationiert, den kleinen Mann plattmacht und die Schuld an der Inflation (d.h. der Währungsentwertung) immer jemand anderem gibt und nie sich selbst…?!

Herr Powell, warum sagst Du es nicht laut und deutlich? Wahrheit mag ein seltenes politisches Instrument sein, gleichzeitig ist sie ebenso hartnäckiges Ding.

Warten auf Gold

Unterdessen schneidet Gold inmitten eines solchen politischen, kulturellen, finanziellen, militärischen wie sozialen Chaos im Jahr 2022 wenig vorteilhaft ab.

Privatinvestoren ziehen sich aus Gold-ETF zurück (1,7 Mrd. $ letzten Monat) und das zur falschen Zeit. Etwas, das Privatinvestoren leider häufig tun.

Ironischerweise, und kaum überraschend, sind die größten Käufer derzeit die Zentralbanken selbst, welche konspirativ beim Druck auf die Papier-Goldkurse vor ihren Käufen mitgewirkt hatten und jetzt die Früchte ihre Manipulationsspiele ernten.

Ausländische Banken wollen Gold als Alternative zum USD, dessen Tage der Hegemonie zu Ende gehen.

Wie erläutert, versuchen die USA ausländisches Geld in die fallenden US-Märkte zu locken, was über einen stärkeren Dollar und Zinssatzerhöhungen geschieht. Beides ist nicht tragfähig und hat Bumerangeffekte. Allerdings haben diese Kräfte durchaus eine Delle in den Goldkurs geschlagen, der jetzt im Bereich von 1.700 liegt.

Misst man Gold in anderen Währungen als den USD, hat es natürlich um Längen besser abgeschnitten.

Doch es ist nur fair, daran zu erinnern, dass Gold deutlich weniger zu leiden hatte als der Anleihemarkt (S&P-Anleiheindex mit einem Minus von 9 %), Kryptos (mit einem Minus von 75 %) und Aktien (S&P mit einem Minus von 20 %). Doch geduldige Investoren kennen das schon.

Steigende Zinsen sind Gegenwind für Gold, aber nicht auf ewig. Zwischen 1971 und 1974, und auch zwischen 1977 und 1980, stieg Gold steil an, während die Zinssätze in den USA nicht fielen.

Denke Sie daran: Gold ist ein Geldmetall, ein Wertspeicher. Es ist keine Technologie- oder Wachstumsaktie. Es ist loyal, und somit übersteigt es immer wieder seine vorhergehenden Höchststände, besonders vor dem Hintergrund steigender Inflation.

Einfach ausgedrückt: Sein Bullenmarkt wird erst noch richtig beginnen.

About Matthew Piepenburg
Matthew Piepenburg begann seine Finanzkarriere als Wirtschaftsjurist. Während der NASDQ-Bubble (1999 – 2001) gründete er seinen ersten Hedgefonds. Im Anschluss daran richtete er seinen eigenen sowie andere HNW-Family-Funds auf alternative Investments aus. Zeitgleich agierte er als allgemeiner Berater, CIO und später Geschäftsführer einer Single- und Multi-Family-Office. Matthew arbeitete zudem eng... Mehr…

Matthew Piepenburg
Partner

VON GREYERZ AG
Zurich, Switzerland
Phone: +41 44 213 62 45

Der globale Kundenstamm von VON GREYERZ sichert aus strategischen Gründen einen erheblichen Anteil des Eigenvermögens in physischem Gold und Silber, das außerhalb des Bankensystems in der Schweiz verwahrt wird. Dabei bietet Matterhorn Asset Management seiner hochgeschätzten Kundschaft aus über 90 Ländern einen einzigartigen und außergewöhnlichen Vermögensschutz-Service.

Die vollständige oder teilweise Vervielfältigung ist gestattet, solange die ursprüngliche Quelle (vongreyerz.gold) verlinkt wird..